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Süddeutsche Zeitung: Köpper ins Fettnäpfchen

SZ auf FacebookOh, wie ist das schön: Trump ist noch nicht ganz Präsident, und der Schuldige ist bereits gefunden. Zumindest für die Süddeutsche Zeitung.

Denn wenn es um die Verbreitung von Propaganda und Parolen geht, sind die klassischen Medien selbstverständlich unverdächtig – selbst dann, wenn die Zeitungen und Sender genau denjenigen gehören, die die Parolen in die Welt setzen. Rupert Murdoch, dessen Medienangebote FoxNews oder die britische Sun sich gerne daran beteiligten, den Irakkrieg oder den Brexit zu bejubeln, wird die Rückendeckung wohl freuen.

Nein, Schuld sind freilich die sozialen Medien. Also die Kommunikationsinstrumente, die auch einem Bernie Sanders ohne die Unterstützung der US-Medien – deren Interessen ein solcher Kandidat zuwider gelaufen wäre – eine enorme Reichweite ermöglichten. Denn die haben, und da zitiert man gerne prominente Stimmen, „eine sehr, sehr hohe antidemokratische und undemokratische Energie“.

Facebook, Twitter & Co. unterliegen in der Tat nicht der Kontrolle der bayerischen Meinungsmacher, und entziehen sich dem selbst zugeschriebenen  Deutungsmonopol. Kein Themen- oder Sichtweisenfilter, und was noch schlimmer ist: jeder kann seinen Senf dazu geben. Wo man in der alten Welt die Kommentarspalten feinsäuberlich moderieren oder auch gleich gar nicht erst öffnen kann, ist das Netz weitgehend ungezähmt. Daß das seine Nachteile mit sich bringt liegt auf der Hand: es geht einen Menge Bullshit über den Äther, mit dem man sich auseinandersetzen muss. Schlimmstenfalls – Gott bewahre – sogar argumentativ.

Im Grunde eine großartige Chance, auch diejenigen zu erreichen und zu erleuchten, die sich bereits von den „Mainstreammedien“ abgekoppelt haben und ihr Heil in dubiosen Quellen suchen. Aber eben auch eine Konkurrenz, die die eigene Unfehlbarkeit herausfordert und hinterfragt, die die empfundene Überlegenheit der eigenen Sichtweise nicht respektiert. Das dies in beide Richtungen funktioniert, hat der US-Wahlkampf mehr als deutlich gemacht – sowohl Sanders als auch Trump haben von der Gesinnungsanarchie der sozialen Netzwerke profitiert.

Diese zu verdammen ist ein Hilfeschrei der Selbstgefälligen, die Angst haben den Luxus der moralischen Überlegenheit mit den Waffen des ehrlichen Journalismus verteidigen zu müssen, statt sich auf ihm auszuruhen.